Selbstwirksamkeit stärken und fördern – Mit diesen Übungen gelingt es
Welches Gefühl kommt in Ihnen auf, wenn Sie vor einer neuen Herausforderung stehen? Sagen Sie sich direkt „Kein Problem! Das schaffe ich“ oder vielleicht doch eher „Das schaffe ich niemals?“. Die Antwort auf diese Frage lässt auf Ihr Maß an Selbstwirksamkeit schließen.
Was ist Selbstwirksamkeit oder auch Selbstwirksamkeitserwartung? (Definition)
Unter Selbstwirksamkeit oder auch Selbstwirksamkeitserwartung versteht man die Überzeugung einer Person, schwierige Situationen und Herausforderungen erfolgreich aus eigener Kraft meistern zu können. Eine niedrige Selbstwirksamkeitserwartung führt häufig dazu, dass Aufgaben erst gar nicht in Angriff genommen werden.
Menschen mit einer hohen Selbstwirksamkeit glauben an ihre Fähigkeiten und Kompetenzen und gehen mit Zuversicht an neue Herausforderungen heran.Der Begriff Selbstwirksamkeitserwartung wurde in den 1970er Jahren vom kanadischen Psychologen Albert Bandura entwickelt.
Fast jeder Mensch hat Gewohnheiten, die er ändern möchte oder Ziele, die er anstrebt. Doch sich etwas nur vorzunehmen oder es tatsächlich umzusetzen sind zwei Paar Schuhe. Für die Umsetzung unserer Pläne in die Praxis benötigt es etwas mehr als ein paar gute Vorsätze. Die Selbstwirksamkeit einer Person spielt eine entscheidende Rolle dabei, ob und wie Herausforderungen und Ziele angegangen werden.
Die Auswirkungen von hoher oder niedriger Selbstwirksamkeit
Menschen mit einem schwachen Gefühl der Selbstwirksamkeit…
- vermeiden herausfordernde Aufgaben.
- glauben oft, dass schwierige Aufgaben und Situationen ihre Fähigkeiten übersteigen.
- legen den Fokus häufig auf persönliche Schwächen und negative Ergebnisse.
- sind schnell entmutigt und verlieren das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten.
Menschen mit einem starken Gefühl der Selbstwirksamkeit…
- entwickeln ein tieferes Interesse an den Aktivitäten, an denen sie teilnehmen.
- gehen engagiert und motiviert an neue Herausforderungen heran.
- sind resilienter. Sie erholen sich schnell von Rückschlägen und Enttäuschungen.
- sind Möglichkeiten-Denker. Sie sehen Probleme als Aufgaben an, die es zu bewältigen gilt.
Selbstwirksamkeit, Selbstbewusstsein, Selbstwertgefühl, Selbstannahme, Selbstvertrauen – ist das alles das gleiche?
Häufig werden diese Begriffe als Synonyme verwendet, doch sie unterscheiden sich:
Selbstbewusstsein bedeutet zunächst einmal nur, möglichst viel über sich selbst zu wissen, sich also seiner selbst bewusst zu sein. Eine selbstbewusste Person kennt ihre Stärken, Fähigkeiten und auch Macken.
Selbstwertgefühl bedeutet, seinen eigenen Wert zu erkennen. Obwohl niemand perfekt ist, hat doch jeder wertvolle Eigenschaften und Qualitäten. Jeder ist sozusagen perfekt, unperfekt.
Selbstannahme bedeutet, sich selbst mit all den Stärken und auch Schwächen anzunehmen, zu akzeptieren und zu lieben.
Aus all unseren Fähigkeiten und den praktischen Erfahrungen, entsteht dann echtes Selbstvertrauen, beziehungsweise Selbstsicherheit. Es ist die Fähigkeit, sich selbst etwas zuzutrauen und auch in schwierigen Situationen sicher aufzutreten. Selbstwirksamkeit und Selbstvertrauen sind also sehr eng miteinander verbunden.
Wie lässt sich Selbstwirksamkeitserwartung messen?
Die Beantwortung folgender Fragen gibt einen guten Überblick über die jeweilige Selbstwirksamkeitserwartung. Sie sind angelehnt an die GSE (General Self-Efficacy Scale).
Diese Fragen lassen sich wunderbar zu Beginn eines Coachings oder einer psychologischen Beratung einsetzen, um herauszufinden, welches Niveau die Selbstwirksamkeit des jeweiligen Klienten hat.
- Haben Sie das Gefühl, dass Sie Probleme bewältigen können, wenn Sie engagiert daran arbeiten?
- Sind Sie überzeugt, mit Ihren Fähigkeiten, Ihre Ziele erreichen zu können?
- Haben Sie das Gefühl, dass Sie mit unerwarteten Ereignissen umgehen können?
- Sind Sie in der Lage, auch unter Druck Ihre Leistung abzurufen?
- Starten Sie immer wieder einen neuen Versuch, auch wenn die Dinge schwierig erscheinen?
- Sind Sie in der Lage, sich nach stressigen Ereignissen relativ schnell wieder zu erholen?
- Haben Sie das Gefühl, dass Sie Lösungen finden können, wenn Sie vor einem Problem stehen?
- Gelingt es Ihnen, auch in stressigen Situationen die Ruhe zu bewahren?
- Neigen Sie dazu, sich auf Ihre Fortschritte zu konzentrieren, anstatt sich von all dem, was Sie noch zu tun haben, überwältigen zu lassen?
- Glauben Sie daran, dass sich harte Arbeit irgendwann auszahlen wird?
Selbstwirksamkeit fördern und stärken – So gelingt es
Menschen mit einer hohen Selbstwirksamkeit betrachten schwierige Aufgaben als Herausforderung und gehen diese entschlossen an.
Die Selbstwirksamkeit hilft dabei, neue Verhaltensweisen umzusetzen und aufrechtzuerhalten. Es gibt einige Wege, die Selbstwirksamkeit zu stärken und zu fördern:
Erfahrungen anderer beobachten
Unsere Selbstwirksamkeit kann sich erhöhen, wenn wir beobachten, wie eine andere Person eine Aufgabe erfolgreich meistert. Besonders hilfreich ist diese Beobachtung, wenn diese Person uns sehr ähnlich ist. Es kommen dann Gedanken auf wie:
„Wenn er oder sie das schafft, dann bekomme ich das auch hin!“
Wir sehen, dass es möglich ist, die Herausforderung anzunehmen und zu überwinden.
Ermutigung
Die Ermutigung durch andere Personen kann ebenfalls die Selbstwirksamkeit steigern. Besonders uns nahestehende Personen können durch motivierende Aussagen dafür sorgen, dass wir uns selbst mehr zutrauen.
Wir bekommen dann das gute Gefühl, dass andere an unsere Fähigkeiten glauben und trauen uns deshalb mehr zu.
Positive körperliche und emotionale Empfindungen
Je besser unsere Gemüts- und Gefühlslage ist, desto stärker ist auch unsere Selbstwirksamkeitserwartung. Wenn wir krank, müde oder niedergeschlagen sind, vertrauen wir unseren Fähigkeiten weniger. Sobald wir uns dagegen fit und aufgeweckt fühlen, trauen wir uns wesentlich mehr zu.
Limitierende und negative Glaubenssätze überprüfen und auflösen
Unsere Glaubenssätze sind tief in unserem Unterbewusstsein verankert. Von dort aus wirken sie auf unser Denken, Fühlen und Handeln. Sie formen unsere Realität. Oft sind sie über Jahre durch unsere Erfahrungen entstanden und sind so vertraut und selbstverständlich, dass wir sie nicht einmal bemerken.
Limitierende und negative Glaubenssätze wirken wie ein Wahrnehmungsfilter. Sie führen uns in einen Teufelskreis, der dazu führt, dass wir häufig genau das erfahren, was unseren Glaubenssatz bestätigt.
So gelingt das Auflösen der Glaubenssätze in drei Stufen:
1) Selbstreflexion und Selbsterkenntnis: Eigene Gedanken, Gefühle und Glaubenssätze erkennen und verstehen
2) Muster und hinderliche Glaubenssätze enttarnen und hinterfragen
3) Gedanken aktiv lenken und negative Gedankenmuster durch positive ersetzen
Im Toolset „Glaubenssätze auflösen“ finden Sie dazu passende Übungen.
Eigene Erfolgserlebnisse
Der ultimative Antrieb zur Stärkung unserer Selbstwirksamkeit sind jedoch eigene Erfahrungen und Erfolgserlebnisse. Sie lassen sich letztlich durch nichts ersetzen. Ein Erfolgserlebnis ist die Erfahrung, eine Herausforderung oder Aufgabe durch die eigene Anstrengung und Fähigkeit gemeistert zu haben.
Positive Erfahrungen und Erfolgserlebnisse fördern die Selbstwirksamkeit am stärksten. Wir haben schließlich aus erster Hand erfahren, dass wir mit Herausforderungen erfolgreich umgehen können. Wir haben sozusagen selbst den Beweis erbracht. Je mehr solcher Erfahrungen wir im Laufe der Zeit machen, desto stärker wird unsere Selbstwirksamkeitserwartung.
So lässt sich die Selbstwirksamkeit durch Übungen stärken
Wie bereits angesprochen sind eigene Erfahrungen und Erlebnisse die beste Möglichkeit, die Selbstwirksamkeit zu stärken und zu fördern. Hier finden Sie zwei praktische Übungen, die sich im Alltag leicht umsetzen lassen.
Neue Dinge ausprobieren
Nehmen Sie sich regelmäßig vor, neue Dinge auszuprobieren. Das lässt sich sowohl beruflich als auch privat umsetzen. Probieren Sie neue Lösungsmöglichkeiten bei der Erledigung von Aufgaben im Beruf aus. Privat können Sie neue Hobbys erproben oder einfach ein neues Rezept kochen. Versuchen Sie sich dabei nicht zu überfordern, sondern gehen Sie die Dinge langsam an und steigern sich Schritt für Schritt. Mit jedem kleinen Erfolgserlebnis wird die Selbstwirksamkeit gesteigert.
Was könnte ich heute ausprobieren? Wo könnte ich eine neue Erfahrung sammeln?
Ein Erfolgstagebuch schreiben
Im Trubel des Alltags gehen viele unserer positiven Erfahrungen und Erfolgserlebnisse unter. Ein Erfolgstagebuch bringt den Fokus aktiv auf die Dinge, die wir gemeistert und erledigt haben. Erfolge zu notieren, sorgt dafür, dass sie im Gedächtnis bleiben, wodurch die Selbstwirksamkeitserwartung immer weiter steigt. Als Übung zu Beginn genügt es über einen Zeitraum von zwei Wochen jeden Abend schriftlich die beiden folgenden Fragen zu beantworten:
Was war heute mein größter Erfolg? In welcher Situation war ich von mir selbst positiv überrascht?