Eine Beziehung zu haben bedeutet immer auch Kompromisse einzugehen. Paare streiten oft, weil sie Dinge nur aus ihrer eigenen Perspektive sehen und das Gefühl haben, auf ihren Standpunkten bestehen zu müssen.
In einer gesunden Beziehung geht es nicht darum, immer seinen Kopf durchzusetzen, sondern gemeinsam Lösungen finden können. In diesem Artikel erfahren Sie, wie Sie Ihren Klienten in der Paartherapie oder dem Beziehungscoaching helfen können, Kompromissbereitschaft zu entwickeln und dadurch ihre Partnerschaft nachhaltig zu stärken.
Das Wort „Kompromiss“ leitet sich vom Lateinischen „compromissum“ ab. Das Wort setzt sich aus den Bestandteilen „com-“ (zusammen) und „profitiere“ (versprechen) zusammen. Ursprünglich wurde so ein gegenseitiges Versprechen oder eine Übereinkunft bezeichnet, bei der beide Parteien auf einen Schiedsrichter vertrauen, um einen Streit beizulegen. Im übertragenen Sinne steht es heute für eine Einigung, bei der beide Seiten Zugeständnisse machen.
Warum ist es in einer Beziehung so wichtig Kompromisse einzugehen?
Jeder Partner hat unterschiedliche Bedürfnisse, Wünsche, Werte, Prioritäten, Erfahrungen und Perspektiven. Konflikte entstehen dann, wenn diese Unterschiede aufeinanderprallen. Kompromisse dienen als Brücke zwischen diesen Unterschieden und helfen Paaren, ein Gleichgewicht zu finden.
Wenn in einer Beziehung keine Kompromisse gemacht werden, führt das oft zu Frustration, Missverständnissen und einem Gefühl von Ungleichgewicht. Ein Partner fühlt sich vielleicht übergangen, während der andere das Gefühl hat, ständig nachzugeben. Diese Dynamik schwächt die Partnerschaft auf Dauer.
Kompromisse bedeuten nicht, dass einer der Partner alles aufgeben muss und sich immer nach dem anderen richtet. Vielmehr geht es darum, eine Lösung zu finden, die für beide Seiten akzeptabel ist – auch wenn nicht jeder Wunsch vollständig erfüllt wird. Es ist ein Zeichen von Respekt und Wertschätzung.
Wie können Paare lernen, Kompromisse einzugehen? Kompromissbereitschaft trainieren
Verstehen, was wirklich zählt
Oft streiten Paare über oberflächliche Themen, während die eigentlichen Bedürfnisse und Wünsche dahinter verborgen bleiben. Der erste Schritt zu einem erfolgreichen Kompromiss ist daher das Erkennen der wahren Bedürfnisse hinter einer Position.
Die Kunst des aktiven Zuhörens
Oft scheitern Kompromisse daran, dass einer oder beide Partner einander nicht wirklich zuhören. Zuhören bedeutet hier nicht nur das Hören der Worte, sondern auch das Verstehen der Emotionen, Wünsche und Bedürfnisse dahinter.
Praxis-Tipp: Ermutigen Sie Ihre Klienten, während ihrer Gespräche aktiv zuzuhören. Bitten Sie sie, das Gehörte in eigenen Worten zusammenzufassen, bevor sie antworten. Dadurch fühlen sich beide Seiten gehört und verstanden. Missverständnisse werden von vornherein vermieden.
Kreative Lösungsfindung führt zu gesunden Kompromissen in der Partnerschaft
Ein häufiger Denkfehler in Streitsituationen ist das „Entweder-oder“-Denken: Entweder bekomme ich meinen Willen oder du bekommst deinen. Doch oft ist es möglich Lösungen zu finden, die beide Seiten zufriedenstellen. Man sollte im besten Fall versuchen, etwas zu finden, dass beiden gerecht wird und die Interessen aller mit einbezieht.
Praxisbeispiel:
Ein Paar streitet darüber, ob der Urlaub am Strand oder in den Bergen verbracht werden soll.
Statt sich auf das Ziel zu fokussieren, könnten beide herausfinden, warum ihnen die jeweilige Wahl wichtig ist. Vielleicht wünscht sich der eine Entspannung, während der andere gerne aktiv sein will und Abenteuer sucht.
Ein Kompromiss könnte dann ein Ziel sein, bei dem beides möglich ist. Beispielsweise eine Region, die schöne Strände zum Erholen hat und gleichzeitig interessante Wanderrouten im Hinterland.
Das könnte Sie auch interessieren:
- 26 Übungen für die (systemische) Paartherapie, die Sie kennen sollten
- 57 Paartherapie Fragen – Für die Paarberatung und systemische Paartherapie
- Paartherapie und Paarberatung: Was Sie in der ersten Sitzung fragen sollten
Grenzen setzen und anerkennen in einer Beziehung
Ein wichtiger Aspekt von Kompromissen ist das Verständnis dafür, dass es in manchen Bereichen feste Grenzen gibt – zum Beispiel bei Werten oder Überzeugungen. Diese sollten respektiert werden.
Häufige Herausforderungen beim Eingehen von Kompromissen in einer Beziehung und wie man sie meistert
Ein Partner gibt immer nach
In manchen Beziehungen neigt ein Partner dazu, immer nachzugeben, um Streit zu vermeiden. Dies kann jedoch langfristig zu Frustration führen.
Arbeiten Sie mit dem Paar daran, ein Gleichgewicht herzustellen. Der Partner, der häufig nachgibt, sollte lernen, seine Bedürfnisse klar zu kommunizieren. Der dominante Partner sollte daran arbeiten, Raum für die Wünsche des anderen zu schaffen.
Eigensinn und Starrköpfigkeit
Manche Paare tun sich schwer damit, von ihrer Position abzuweichen – oft aus Egoismus oder Angst, etwas aufzugeben oder „zu verlieren“.
Helfen Sie Ihren Klienten zu erkennen, dass ein Kompromiss kein Verlust ist, sondern ein Gewinn für die Beziehung. Arbeiten Sie mit ihnen daran, die Vorteile einer gemeinsamen Lösung zu sehen.
Fehlende Kommunikation in der Beziehung
Ohne klare Kommunikation in der Beziehung sind Kompromisse kaum möglich. Oft wissen Paare nicht einmal genau, was der andere will oder braucht.
Fördern Sie offene Gespräche und die Verwendung von Ich-Botschaften („Ich brauche …“, „Ich wünsche mir …“). Dies hilft dabei, Missverständnisse zu verhindern.
Kompromisse im Beziehungsalltag: Der Streit um Geld
Ein Paar streitet regelmäßig darüber, wie viel Geld für Freizeitaktivitäten ausgegeben werden sollte. Der eine will sparen, der andere genießen. Durch eine offene Diskussion legen sie ein gemeinsames Budget fest: Ein Teil des Einkommens wird für Freizeitaktivitäten reserviert, während der Rest gespart wird.
Probleme lösen im Beziehungsalltag: Unterschiedliche Vorstellungen von Ordnung
Ein Partner ist sehr ordentlich, während der andere eher chaotisch ist. Nach mehreren Gesprächen einigen sie sich darauf, dass bestimmte Bereiche im Haus „chaosfrei“ bleiben müssen (z. B. Küche und Wohnzimmer), während andere Bereiche (z. B. Arbeitszimmer) frei gestaltet werden können.
Der Schlüssel zur Kompromissbereitschaft in einer Beziehung
Kompromisse sind das Fundament jeder erfolgreichen Partnerschaft. Sie ermöglichen es Paaren, ihre Unterschiede zu überbrücken und Lösungen zu finden, die beiden gerecht werden. Wichtig ist dabei das Verstehen der wahren Bedürfnisse hinter einer Position sowie die Bereitschaft zuzuhören und kreativ nach Lösungen zu suchen.
Mithilfe des aktiven Zuhörens, der kreativen Lösungsfindung und dem Respektieren von Grenzen können Paare lernen, Konflikte konstruktiv anzugehen und ihre Beziehung zu stärken. Als Beziehungscoach oder Paartherapeut können Sie diese Ansätze nutzen, um Ihre Klienten effektiv durch herausfordernde Situationen zu begleiten.