Die Auftragsklärung in der systemischen Paartherapie ist der Schlüssel, um Klarheit zu schaffen, Konflikte zu verstehen, Beziehungskrisen zu meistern und gemeinsam neue Wege zu gestalten.
Sie ist deshalb besonders, da Sie mit zwei Personen arbeiten, die möglicherweise unterschiedliche Vorstellungen, Ziele und Erwartungen mitbringen.
Beide Partner kommen oft mit einer eigenen Sichtweise auf die Probleme – Ihre Aufgabe ist es, diese Perspektiven zu erfassen und gemeinsam eine Grundlage für die Arbeit zu schaffen.
Die wichtigsten Elemente bei der Auftragsklärung in der systemischen Paartherapie & Paarberatung
Anliegen beider Partner erfassen
Es ist entscheidend, dass Sie während der Auftragsklärung beide Partner gleichwertig einbeziehen. Fragen Sie beide gezielt:
- Was wünschen Sie sich persönlich von der Paartherapie?
- Wie sehen Sie die aktuelle Situation aus Ihrer Perspektive?
Oft zeigt sich, dass die Anliegen stark voneinander abweichen oder sogar widersprüchlich sind. Möglicherweise sieht ein Partner die Ursache der Beziehungsprobleme an einer völlig andern Stelle als der andere. Diese Unterschiede sollten frühzeitig erkannt und offen angesprochen werden, um Missverständnisse zu vermeiden und realistische Erwartungen zu setzen.
Gemeinsame Ziele in der systemischen Paartherapie definieren
Ein wichtiger Schritt in der Auftragsklärung ist es, herauszuarbeiten, ob es gemeinsame Ziele gibt, die beide Partner verfolgen möchten. Es gilt also eine gemeinsame Schnittmenge zu finden, um sicherzustellen, dass beide motiviert sind an der Beziehung und auch sich selbst zu arbeiten.
Durch das Herausarbeiten gemeinsamer Ziele wird erkennbar, dass die Beziehung ein eigenes System ist, also etwas das sich aus dem Zusammenleben beider Partner ergibt. Aus den Wünschen, Werten und Charaktereigenschaften jedes Einzelnen wird eine Schnittmenge, auf die sich beide im besten Fall einigen und nach der sie leben.
Stellen Sie Coaching Fragen wie:
- Was möchten Sie beide durch die Paartherapie erreichen?
Die wichtige Folgefrage ist hier:
- Warum möchten Sie das erreichen?
(Durch die Ausformulierung des „Warum“ werden Sie die Klienten Ihrer wahren Motivation hinter dem Veränderungswunsch bewusst). - Gibt es etwas, das Ihnen beiden wichtig ist, ganz unabhängig von den Konflikten?
Wenn keine gemeinsamen Ziele erkennbar sind, können Sie zunächst daran arbeiten, eine Basis für Verständigung zu schaffen.
Dynamiken und Wechselwirkungen im System erfassen
In der systemischen Paartherapie ist es besonders wichtig, das Paar auch als Teil eines größeren sozialen Systems zu betrachten. Hier gibt es weitere Wechselwirkungen zwischen dem Paar und seinem Umfeld. Ein klassisches Beispiel sind die jeweiligen Familien oder Freunde, die immer auch einen gewissen Einfluss auf die Beziehung haben.
Oft zeigt sich, dass Konflikte nicht nur zwischen den Partnern entstehen, sondern auch durch externe Faktoren beeinflusst werden. Diese Perspektive ermöglicht es Ihnen, eine ganzheitliche Herangehensweise zu entwickeln und alle Elemente in Ihre Arbeit mit einzubeziehen.
Systemische Fragen wie diese helfen Ihnen, die Dynamik zu verstehen:
- Wie wirkt sich Ihre Beziehung auf andere Bereiche Ihres Lebens aus (z. B. Familie, Freunde, Beruf)?
- Welche Rolle spielen äußere Einflüsse wie finanzielle Belastungen oder kulturelle Werte?
Kommunikation und gegenseitiges Zuhören – Auftragsklärung in der systemischen Paartherapie
Ein besonderes Augenmerk sollten Sie auf die Kommunikationsmuster legen, die bereits während der Auftragsklärung sichtbar werden. Beobachten Sie:
- Wie sprechen die Partner miteinander?
- Gibt es Schuldzuweisungen oder Abwertungen?
- Hören sie einander aktiv zu?
Manchmal zeigt sich schon in der ersten Sitzung, dass ein Hauptproblem in der Art und Weise liegt, wie die Partner miteinander kommunizieren. Nutzen Sie die Auftragsklärung als Gelegenheit, um erste Impulse für wertschätzendes Zuhören und Dialog zu geben. Ermutigen Sie beide von Anfang an, „Ich-Botschaften“ zu verwenden statt Vorwürfe („Ich fühle mich oft übergangen“ statt „Du hörst mir nie zu“).
Lesetipp:
Tipp für ein echtes Aha-Moment bei der Auftragsklärung in der systemischen Paartherapie
Die folgende Frage kann den Blickwinkel der Partner erweitern und festgefahrene Denkmuster lösen:
Angenommen, Ihre Beziehung wäre in fünf Jahren genau so, wie Sie es sich ideal vorstellen – was wäre dann anders als heute?
Diese Frage hilft beiden Partnern, aus der aktuellen Konfliktsituation herauszutreten und eine Vision für die Zukunft zu entwickeln. Oft entsteht dabei ein „Aha-Moment“, wenn sie erkennen, dass ihre Wünsche gar nicht so weit auseinanderliegen oder dass sie überraschende Gemeinsamkeiten haben.
Weitere wichtige Punkte bei der Auftragsklärung in der systemischen Paartherapie
Neutralität bewahren:
Achten Sie darauf, weder Partei für einen der Partner zu ergreifen noch eine Lösung vorzuschlagen. Ihre Rolle ist es, die beiden bei der Entwicklung von Lösungen zu begleiten.
Grenzen klären und setzen:
Wenn einer der Partner Themen anspricht, die außerhalb des Rahmens der Paartherapie liegen (z. B. Traumata oder psychische Erkrankungen), sollten Sie dies respektvoll ansprechen und gegebenenfalls auf weitere Unterstützung hinweisen.
Vertraulichkeit betonen:
Stellen Sie sicher, dass beide Partner sich sicher fühlen und wissen, dass alles Besprochene vertraulich bleibt – auch gegenüber Dritten. Das sollten Sie auch im entsprechenden Vertrag festhalten.
Die Auftragsklärung in der systemischen Paartherapie ist nicht nur ein organisatorisches Element, sondern eine erste Möglichkeit für beide Partner, wieder ins Gespräch zu kommen und gegenseitiges Verständnis aufzubauen. Mit einer offenen Haltung und gezielten Fragen können Sie bereits hier erste positive Veränderungen anstoßen!
Weitere Quellen & Ressourcen:
- The premarital communication roots of marital distress and divorce: the first five years of marriage – Markman et al. 2010
- The Seven Principles for Making Marriage Work – Gottman, Silver 1999
- Integrative behavioral couple therapy: An acceptance-based, promising new treatment for couple discord. – Jacobson et al. 2000
- Clinical handbook of couple therapy, 5th ed. – Gurman 2015